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Aktuelles zur Überstundenvergütung

Eine pauschale Abgeltung von allen geleisteten Überstunden ist unzulässig.
[b]1. Abgeltungsklausel[/b] In Arbeitsverträgen finde sich sehr häufig eine pauschale Abgeltung von geleisteten Überstunden. Sehr verbreitet ist hierbei die Formulierung: „Mit der vorstehenden Vergütung sind sämtliche Überstunden abgegolten.“ Diese Formulierung war über viele Jahre bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit wirksam. 2010 trat ein Wandel in der Rechtsprechung ein. Das BAG entschied in seiner Entscheidung vom 1. September 2010, Aktenzeichen 5 AZR 517/09, dass eine Abgeltung von Überstunden nur dann wirksam vereinbart ist, wenn die Klausel klar und verständlich formuliert ist. Es muss sich also aus der Abgeltungsvereinbarung ergeben, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von der Abgeltung erfasst werden sollen. Ist die Klausel nicht transparent, ist die Vereinbarung der Abgeltung von Überstunden insgesamt unwirksam. Die oben zitierte häufig verwandte pauschale Abgeltungsklausel wurde damit vom BAG als unwirksam kassiert. Ist in einem Arbeitsvertrag oder zwischen den Vertragsparteien z. B. aber vereinbart, dass in der monatlich vereinbarten Vergütung die ersten 20 Überstunden im Monat „mit drin“ seien, so die Formulierung in dem vom BAG entschiedenen Fall, ist dies nach Auffassung des BAG unmissverständlich. Damit ist eine Abgeltung von 20 Überstunden im Monat mit dem regelmäßigen Gehalt wirksam vereinbart (BAG vom 16. Mai 2012, Az: 5 AZR 331/11). Es stellt sich die Frage, bis zu welcher Grenze Überstunden wirksam abgegolten werden können. Nach jetziger Auffassung des BAG handelt es sich bei der Abgeltung von Überstunden um eine Hauptleistungsabrede, also eine Regelung, die die Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrages betrifft. Das Gericht kann eine solche Hauptleistungsabrede nur eingeschränkt überprüfen, weil es nicht den „gerechten Preis“ für geleistete Arbeitsstunden finden muss. Hieraus wird abgeleitet, dass Überstunden bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit mit einer wirksamen Klausel abgegolten werden können. Wird eine Abgeltungsklausel aber kombiniert mit einer Regelung zur Befugnis des Arbeitgebers, Überstunden anzuordnen, handelt es sich nicht mehr um eine Hauptleistungsabrede, sondern um eine Abrede, die auch eine Nebenleistung betrifft, nämlich die Befugnis zur Anordnung von Überstunden und die Verpflichtung des Arbeitnehmers, diese angeordneten Überstunden auch zu leisten. In diesem Fall steht dem Gericht nach Auffassung des BAG eine Inhaltskontrolle zu. In solchen Fällen wird von Arbeitsgerichten derzeit angenommen, dass eine Abgeltung von unentgeltlich zu leistenden Überstunden in Höhe von bis zu 10 % der vereinbarten Arbeitszeit zulässig ist. [b]2. Vergütung von Überstunden[/b] Ist im Hinblick auf die Vergütung der Überstunden vertraglich nichts geregelt, kann sich ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden nur aus § 612 Abs. 1 BGB ergeben. Hier heißt es, dass eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Daraus resultiert, dass im Fall der unwirksamen Abgeltung von Überstunden, oder bei Überschreiten der 10%-Grenze ein Arbeitnehmer nach § 612 Abs. 1 BGB für die Vergangenheit unter Berücksichtigung etwaiger Verfallsklauseln bzw. Verjährungsfristen von drei Jahren rückwirkend die Vergütung von geleisteten Überstunden grundsätzlich geltend machen kann. Dies gilt jedoch bei Diensten höherer Art oder einer insgesamt deutlich herausgehobenen Vergütung nicht. Die Darlegungs- und Beweislast für den Anspruch auf Bezahlung von Überstunden trifft den Arbeitnehmer. Die rechtlichen Hürden für einen Vergütungsanspruch aus § 612 Abs. 1 BGB sind für den Arbeitnehmer nicht gering. Das gilt insbesondere auch deswegen, da den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, wann genau er über die übliche Arbeitszeit hinaus tätig geworden ist, und ob die Überstunden von dem Arbeitgeber angeordnet, zur Erledigung der Arbeit notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt worden sind. In seiner Entscheidung vom 17. August 2011, Az: 5 AZR 406/10, hat das BAG im Fall eines angestellten Rechtsanwaltes entschieden, dass er Dienste höherer Art erbringt und ihm nicht ohne Weiteres ein Anspruch auf Überstundenvergütung zusteht. In dem entschiedenen Fall erklärte das BAG auch, dass von dem angestellten Rechtsanwalt unter Berücksichtigung von dessen Jahresgehalt und der in Aussicht gestellten Partnerschaft in der Kanzlei die zusätzlich erbrachten Überstunden erwartet werden durften. Empfehlung: Zur Wahrung des Transparenzgebotes und damit für die Vereinbarung einer wirksamen Abgeltungsklausel ist es erforderlich, diese so zu gestalten, dass erkennbar wird, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang mit dem Bruttogehalt abgegolten sein sollen. Zu empfehlen ist, die Anzahl der abgegoltenen Überstunden in der Klausel ausdrücklich anzugeben. Nach unserer Auffassung sollten die abgegoltenen Überstunden die Grenze von 10 % der vereinbarten Arbeitszeit nicht überschreiten. [b]Ansprechpartner:[/b] Hendrik Zeiss Rechtsanwalt, Steuerberater Tel.: +49 211 17257-67 E-Mail: h.zeiss@egsz.de

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